Ein Vortrag im Rahmen der „Beyond Hands on HD“-Tagung am 11./12. Juli in Hannover hob sich (für mich wohltuend) gegen den Mainstream der Ultra-Perfektionisten ab: Peter Slansky referierte über „Look-Kreation durch Optikwahl“. Während „High Resolution, High Frame Rate, High Density“ als Wege zur „ultimativen Bildqualität“ ausgelotet wurden, sprach er über die kleinen Unvollkommenheiten, die einen Film erst interessant machen.
Er brachte das Problem des digitalen Kinos auf den Punkt: es ist zu perfekt.
(Übrigens nicht nur das Kino. Auch auf Werbeplakaten taucheninzwischen „schmutzige“, bekleckste, schlierige Bilder aus dem Tools-Pool der Fotobearbeitung auf, die als Provokation der Sehgewohnheiten gedacht sind, darüber hinaus aber genau diese Botschaft transportieren: dass die gepixelte Oberfläche nicht immer das ist, was wir sehen wollen). Der „Look“ eines Films, die „Bildanmutung“ – was ist das? So etwas wie eine unverwechselbare Stimmung, ein optischer Stil. Es sind hauptsächlich die Lichtsetzung am Drehort und die Kameraführung, die den „look“ vereinheitlichen, wenn nicht schon die Farbe leitmotivisch verwendet wird, wie z.B. in den Filmen der Coen Brothers (Rot in „Blood Simple“, Weiß in „Fargo“). Die von der Kamera eingefangenen Farben wirken aber auf Filmmaterial ganz anders als auf HD. Peter Slansky zeigt, wieso: Der Film hat mehrere Schichten von insgesamt 25μm, die das Licht durchdringt, indem es streut und reflektiert. Der Lichtpunkt ist umgeben von einem Halo, der ihn um einige Schattierungen reicher macht. Der Sensor hingegen besteht aus 0,1μm dünnem kompaktem Silicium, den der Lichtstrahl senkrecht, quasi prosaisch, durchbohrt. Den flachen Pixeln fehlen die stimmungsproduzierenden Nuancen.
Abhilfe schaffen optische Filter, die jedoch große Nachteile haben: Schärfeverlust, Doppelreflexionen, Abhängigkeit der Wirkung von Brennweite, Blende, Licht – die kurz gesagt etwas unberechenbar sind, ganz abgesehen von ihrem Preis. Peter Slansky hat einen besseren Vorschlag, der auch Filmemachern mit kleinem Budget entgegenkommt. Er regt an, ausgemusterte Objektive zu sammeln, die man mit einigem Geschick vor die digitalen Kameras setzen könne. Denn auch alte Objektive haben Fehler – die sich in solchen Fällen jedoch in ihr produktives Gegenteil verwandeln. Sie „leiden“ zum Beispiel unter chromatischen und sphärischen Aberrationen, Astigmatismus, Lichtabfall zum Bildrand, optischer Verzeichnung, Streulicht, Lens-Flares und können in den richtigen Händen sogar mit Pixeln Bilder produzieren, die einen „look“ haben: Weichzeichnereffekte, Blendendifferenzen, geheimnisvolle Reflexe und Gegenlichtstreuungen…
Solche Objektive gibt es übrigens auf den Flohmärkten.